Eigentlich beherbergt das Berliner "Hotel4Youth" junge Touristen im Ausgehkiez des Prenzlauer Bergs. Doch das hat sich mit dem Ukraine-Krieg geändert. "Inzwischen steht das komplette Hotel besonders Schutzbedürftigen zur Verfügung", erklärt Annathea Braß vom Humanistischen Verband Berlin-Brandenburg.
Annathea Braß nimmt beim Humanistischen Verband (HVD) Berlin-Brandenburg eigentlich ganz andere Aufgaben wahr. Doch seit Kriegsbeginn hat sie federführend mit vielen anderen Haupt- und Ehrenamtlichen daran gearbeitet, das verbandseigene "Hotel4Youth" im Prenzlauer Berg für besonders schutzbedürftige Kriegsgeflüchtete herzurichten.
"Ich habe so etwas wirklich noch nie erlebt", sagt die engagierte Abteilungsleiterin des Bereichs "Zentrale Dienste" beim HVD Berlin-Brandenburg. "Wir haben hier fast jeden Tag einen Krankenwagen vor Ort, entweder weil jemand unter der psychischen Belastung zusammenbricht oder weil es wieder einen Covid-Ausbruch gegeben hat. Wir haben viele Schwangere und eine hochschwangere Frau aufgenommen, aber auch eine Roma-Familie, die zusammen mit zwei anderen Familien in einem der letzten Busse aus Kiew herausgekommen ist. Der Bus ist auf der Fahrt beschossen worden. Darunter waren 25 Kinder. Drei Tage und Nächte haben die Familien eng aneinander in diesem Bus gestanden."
Annathea Braß vom HVD Berlin-Brandenburg organisiert Hilfe für Flüchtende aus der Ukraine.
(© Die Hoffotografen)
Angesichts solcher Geschichten betont Braß die Machtlosigkeit, die sie wie viele andere auch empfindet. "Aber wir können jetzt bei uns und in unserer Gesellschaft aktiv werden und die Situation für die Menschen verbessern, die hier bei uns sind."
Vor diesem Hintergrund hat sich das Hotel grundlegend gewandelt. "Das hat den Mitarbeitenden des Regelbetriebs unter Leitung von Malgorzata Kreiß viel Einsatz abverlangt", betont Braß. Die Zimmer wurden mit zusätzlichen Betten aufgestockt. 146 Erwachsene und 89 Kinder sind derzeit im Haus untergebracht. Zusätzliches Essen wird von der Volkssolidarität Berlin geliefert. Eine Kinderbetreuung wurde in Zusammenarbeit mit der jüdischen Bildungsstätte "Janusz Korczak" eingerichtet. "Wir haben ein Kind mit Downsyndrom", erklärt Braß, "ein anderes schwer krankes Kind kommt aus einem Hospiz in der Ukraine. Es wird hier im Hotel von seiner Mutter und dem Team unseres eigenen 'Kinderhospiz Berliner Herz' versorgt. Dennoch müssen häufig Ärzte kommen."
Bis zu 100 ehrenamtlich Engagierte, von denen viele Sprachmittlerinnen und -mittler aus der benachbarten jüdischen Gemeinde stammen, helfen dabei, dass sich die Geflüchteten organisieren können. "Sind die Menschen erst einmal hier", erklärt Braß, "können sie erst einmal durchatmen". Dennoch nehme die psychische Belastung zu; denn viele Ehemänner und ältere Familienangehörige befänden sich noch in der Ukraine, wo sich die Lage täglich verschlimmere. "Ich erinnere mich", sagt Braß, "an die Zeit um den 4. März herum, als das Atomkraftwerk Saporischschja beschossen wurde. Infolgedessen war in der Ukraine vielerorts das Stromnetz zusammengebrochen. Am nächsten Tag hatten wir hier bei uns völlig aufgelöste Menschen, die panisch mit ihren Handys in der Hand dastanden, weil sie ihre Verwandten nicht mehr erreichen konnten."
Braß hat am vergangenen Freitag das neue "Haus der Zuflucht" an die eigens eingestellte Projektleiterin mit ukrainischen Wurzeln, Janina Schustermann, übergeben. Gleichzeitig wird das Projekt beim HVD Berlin-Brandenburg in die Abteilung "Soziales" eingegliedert, die von Alina Schmitz geleitet wird. Bis Juni solle der Betrieb erst einmal aufrecht erhalten werden, erklärt Braß. "Doch das Dringendste, was wir jetzt brauchen, ist finanzielle Planungssicherheit", betont sie auch vor dem Hintergrund, dass die Hoteleinnahmen wegfallen.
Auf der Webseite des HVD Berlin-Brandenburg finden sich die aktuellen Unterstützungsangebote. "Sprachmittlerinnen und -mittler werden immer benötigt", ergänzt Braß, "Refinanzierung ist aber das größte Problem. Wenn Sie auf unsere Webseite gehen, steht da direkt unser Hilfsprojekt Ukraine. Dort finden Sie den Spendenlink und den Link zu ehrenamtlichem Engagement. Wir brauchen eine professionelle Begleitung der Menschen."
SPENDENKONTO
Humanistischer Verband Berlin-Brandenburg KdöR
Bank für Sozialwirtschaft
DE48 1002 0500 0003 136467
Stichwort: Spende Ukraine
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