FRANKFURT. (hpd) Am Sonntag, den 5. Juni stimmt die Schweiz über die Einführung eines bedingungslosen Grundeinkommens ab: erste Abstimmung in einem ganzen Land nach diversen erfolgreichen Pilotprojekten. Auf der Podiumsdiskussion von 42 e.V. im Frankfurter Club Voltaire stellten Susanne Wiest und Enno Schmidt einen Zusammenhang von bedigungslosem Grundeinkommen (bGE) mit direkter Demokratie her, bezeichneten das bGE als deren konsequente Weiterentwicklung.
"Wer kennt das bedingungslose Grundeinkommen nicht?", fragte Susanne Wiest in den vollbesetzten Club Voltaire. Keine Hand hob sich, und Wiest sagte, dass sie lieber darüber rede, wie wir zum bGE hinkommen, als zu erklären, was das sei. 42 e.V., die politische Stiftung der Piratenpartei, hatte die deutsche Aktivistin ebenso eingeladen wie Enno Schmidt, einen der beiden Initiatoren der Schweizer Volksinitiative, am 28.4. über "Bedingungsloses Grundeinkommen: eine Antwort auf die Krise?" zu diskutieren. Schmidt fand die Idee des bedingungslosen Grundeinkommens so überzeugend, dass er sie gemeinsam mit Daniel Häni verbreitet hat. Anfangs zu zweit – doch die Idee war so überzeugend, dass daraus bald eine Massenbewegung wurde.
Beide Podiumsteilnehmer verknüpften die (ökonomische) Idee des bedingungslosen Grundeinkommens mit der (poitischen) Idee der Direkten Demokratie: in der Schweiz selbstverständlich – aber für die meisten Länder unendlich weit entfernt. Susanne Wiest kam über ihre Petition für das bGE 2009 in Kontakt mit der Politik – und ist enttäuscht über den enormen bürokratischen Aufwand, der hier ergebnislos verpuffe. Vor dem Petitionsausschuß habe sie zehn oder fünfzehn Minuten reden dürfen. Danach kamen ahnungslose Fragen von den Volksvertretern. Ihre Conclusio: "Wir brauchen direkte Demokratie!"
Denn mit der verläuft es ganz anders, wie Enno Schmidt berichtete: als sie die Initiative einreichten, fragte der Bundeskanzler, ob das Unterschriften-Sammeln auch problemlos verlaufen sei? Inhaltlich findet er die bGE-Initiative absurd – doch Demokratie habe in der Schweiz einen so hohen Stellenwert, dass es selbstverständlich ist, dem Andersdenkenden den Kampf für seine Position zu ermöglichen.
Zur Finanzierung eines bedingungslosen Grundeinkommens kursieren viele abenteuerliche Zahlen. Dabei werde oft vergessen, so Enno Schmidt, dass es nicht um zusätzliche Zahlungen gehe, sondern um eine Umwidmung nur der ersten z.B. 1.500 Euro in die Bedingungslosigkeit. Wer über mehr Einkommen verfügen möchte, müsse selbstverständlich weiter arbeiten – doch die Voraussetzungen dafür sind ganz andere, wenn zuvor bedingungslos das Grundeinkommen gesichert ist. Schmidt rechnete vor, dass ein Großteil der Geldströme längst vorhanden ist – nur eben nicht bedingungslos: genau das zementiere Unsicherheiten bzw. Machtverhältnisse.
Dass der Gedanke eines bedingungslosen Grundeinkommens wirtschaftlich gar nicht abwegig ist, demonstrierte nicht zuletzt Mario Draghi, Präsident der Europäischen Zentralbank (EZB), der über "Helikoptergeld" nachdachte, um die Wirtschaft ins Laufen zu bringen und einer Deflation entgegenzuwirken. Entscheidender Unterschied zum Grundeinkommen: das soll kein Ergebnis zufälligen Mäzenatentums sein, sondern eben "bedingungslos": damit muss jeder Bürger rechnen können.
Für ähnliche Aufmerksamkeit wie das von Draghi nur angedachte "Helikoptergeld" sorgten indes die tatsächlich umgesetzten Aktionen der schweizerischen Initiative für ein bedingungsloses Grundeinkommen: als die Unterschriften übergeben wurden, kippte die Initiative zeitgleich 80 Millionen 5-Rappen-Stücke auf dem Bundesplatz aus. Später druckte sie den Slogan "I love Grundeinkommen" auf Zehn-Franken-Scheine - und verteilte 1.000 (echte) Scheine kostenlos mit großem Medienecho. Im Mai folgte dann das größte Plakat der Welt in Genf mit der englischen Inschrift "What would you do if your income were taken care of?" Der Rekord wurde vom Guiness Buch der Rekorde bestätigt...
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