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Vordenkerinnen und Vordenker der Sozialen Demokratie

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BONN. (hpd) Der von dem Politikwissenschaftler Christian Krell herausgegebene Sammelband "Vordenkerinnen und Vordenker der Sozialen Demokratie. 49 Portraits" enthält kurze Darstellungen zu Intellektuellen und Politikern von Wolfgang Abendroth und Willy Brandt über Erhard Eppler und Jakob Kaiser, Karl Marx und Gustav Radbruch bis zu Hugo Sinzheimer und Herbert Wehner. Damit liegt ein interessantes Lesebuch und Nachschlagewerk vor, was nicht nur an für die SPD bedeutsame Auffassungen und Traditionen über einschlägige Denker und Praktiker erinnert. Idealtypisch lässt sich ein liberales von einem sozialen Demokratieverständnis unterscheiden. Das Erstgenannte meint, in der Freiheit des Individuums den konstitutiven Aspekt zu sehen. Dabei blendet es häufig die gesellschaftliche Basis von Demokratie aus, was wiederum der konstitutive Faktor für die soziale Demokratie ist. Wer waren nun die geistigen politischen Repräsentanten derartiger Auffassungen? Diese Frage beantworten will der Sammelband "Vordenkerinnen und Vordenker der Sozialen Demokratie. 49 Portraits", der von dem Politikwissenschaftler Christian Krell herausgegeben wurde. Zum zentralen Begriff heißt es bei ihm: "Sozial Demokratie ist einerseits ein Demokratiekonzept, in dessen Kern die gleiche Freiheit aller Menschen steht und das einen engen Zusammenhang von politischer und sozialer Emanzipation ausdrückt. … Andererseits wird Soziale Demokratie in der Praxis von unterschiedlichen Parteien, politischen Strömungen und zivilgesellschaftlichen Organisationen vertreten und beschreibt so eine politische Bewegung" (S. 11). Ausgewählt für den Band wurden nur Personen aus dem deutschsprachigen Raum, womit andere Modelle und Traditionen von Sozialer Demokratie außen vor blieben. Österreich ist nur mit den Austromarxisten Otto Bauer vertreten, während ein Mitstreiter von Willy Brandt wie der frühere österreichische Bundeskanzler Bruno Kreisky fehlt. Dafür geht die Auswahl bis ins 19. Jahrhundert zurück. Beiträge zu Karl Marx und Friedrich Engels findet man ebenso wie zu August Bebel und Eduard Bernstein. Die meisten Portraitierten wirkten indessen im 20. Jahrhundert, sowohl auf politischer wie theoretischer Ebene von Friedrich Ebert über Willy Brandt bis zu Johannes Rau, von Leonard Nelson über Hermann Heller bis zu Richard Löwenthal. Es gibt aber auch Portraits von Nicht-Sozialdemokraten wie etwa Jakob Kaiser oder Oswald von Nell-Breuning. Der Politikwissenschaftler Thomas Meyer, der zuletzt grundlegende Arbeiten zu Theorie und Praxis Sozialer Demokratie veröffentlicht hatte, ist zwar als Autor, nicht aber als Portraitierter präsent. Da jedes Portrait relativ einheitlich bezogen auf Leben, Werk und Wirkung konzipiert und nur wenige Seiten lang ist, hat man es mit einem interessanten Lesebuch wie Nachschlagewerk zu tun. Bei den Beschreibungen ignorieren die Autoren keineswegs persönliche Besonderheiten. Über Leonard Nelson heißt es bereits zu Beginn: Er "war sicher kein einfacher Charakter" (S. 256) und über Herbert Wehner kann man lesen: Er sei "unduldsam, schroff und misstrauisch" (S. 351) gewesen. Erkennbar ist bei Autoren- und Portratiertenauswahl, dass eine SPD-nahe Darstellung schwerlich ignoriert werden kann. Mitunter motiviert dies auch ein Schmunzeln. Bezogen auf Bernstein heißt es etwa, sein "Revisionismus" stehe heute "prägend für fast alle sozialdemokratischen Parteien" (S. 65). Dies mag bezogen auf die Ausrichtung an einer Reformpolitik so zutreffen, doch wäre Bernstein heute sicherlich ein absoluter "Linksaußen" innerhalb der SPD. Über Denunziationen Wehners an den NKWD heißt es: "Gerüchte verstummten nie" (S. 351), wo doch mittlerweile einschlägige Dokumente vorliegen. Eine genauere Begriffsbestimmung von "Sozialer Demokratie" wird indessen im Sammelband nicht vorgenommen, auch keine nähere Definition von Demokratie. Das birgt dann bei manchen Dargestellten inhaltliche Probleme: Hierfür steht etwa das Portrait zu Rosa Luxemburg, wo als deren Grundprinzipien auch "Parteienpluralismus, Meinungs- Vereins- und Versammlungsfreiheit" (S. 218) angegeben werden. Gleichwohl heißt es, dass alle Andersdenkenden für sie "Verräter" waren und sie eine "radikale Gegnerin dieser Republik" (S. 219) war. Da es für Luxemburg tatsächlich nur Freiheit für Andersdenkende im Rahmen des Sozialismus geben sollte, kann von einem Bekenntnis zu Meinungsfreiheit und Pluralismus schwerlich die Rede sein. Insofern gehört sie eigentlich nicht in einen solchen Sammelband, was vorsichtig und zaghaft gegen Ende des Portraits auch eingeräumt wird. Das Beispiel macht indessen deutlich, dass es im Sammelband viel zu entdecken oder wieder zu entdecken gilt. Er ist anregend und lehrreich – nicht nur für Sozialdemokraten. Christian Krell (Hrsg.), Vordenkerinnen und Vordenker der Sozialen Demokratie. 49 Portaits, Bonn 2015 (J. H. W. Dietz-Verlag), 368 S., ISBN 978–3–8012–0459–4, 22,00 Euro

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